A review by mira123
Anny Bunny by Nina Casement

4.0

 
Wie viele Bücher über Sexarbeit kennt ihr so? Und wie viele davon sind keine Dark Romance Romane, in denen Sexarbeit romantisiert wird? Ganz ehrlich? Mir fällt spontan kein weiteres Buch ein. Deswegen habe ich auch gerne zugesagt, als die Autorin mir ihren Roman angeboten hat. 

Anna hat es nicht leicht und schon im ersten Kapitel wird sichtbar, wie düster ihre Gedankenwelt im Laufe der Geschichte noch werden wird. Da war ich erstmal ziemlich schockiert, denn ich hatte damit nicht gerechnet. Gleichzeitig aber hat mich dieser arge Einstieg neugierig gemacht. Was geht hier vor sich? Wie konnte es so weit kommen? Das erfahren wir bald, denn dieses Buch ist als eine Art fiktionale Biografie aufgebaut. Wir begleiten Anna von ihrer Kindheit bis sie circa 30 Jahre alt ist. Und schon bald konnte zumindest ich nachvollziehen, warum Anna davon träumt reich zu werden. Womit ja auch nichts falsch ist - aber ich glaube, die meisten von uns, wären nicht bereit dazu, Pornodarsteller:innen zu werden, nur um das große Geld zu machen. Also zumindest ich wäre das ganz sicher nicht. Anna aber möchte ihr Glück versuchen - und lernt schon bald auch die düsteren Seiten des Geschäfts kennen.
Während sich das erste Drittel des Buches noch eher langsam aufbaute, entwickelt sich der Rest der Geschichte um einiges schneller. Es lohnt sich also, dranzubleiben!

Was ich hier sehr gut finde, ist, wie menschlich Anna trotz all ihrer Erlebnisse bleibt. Und sie erlebt hier wirklich viel, das Geschäft der Pornos wird hier an keiner Stelle romantisiert oder auch sexualisiert, falls das irgendwie Sinn macht. Natürlich sind Pornos etwas sehr sexuelles, versteht mich nicht falsch, aber Anna ist trotzdem kein Sexobjekt. Sie ist nicht nur ihr Beruf und auch wenn sie gerade am Set ist, merken wir doch, dass das für sie nur das ist: ein Beruf. Sie findet es selbst nicht so besonders toll und anregend, an Pornos mitzuwirken, aber damit verdient sie halt ihr Geld - und sie verdient nicht mal besonders schlecht damit. In vielen Fällen ist es für sie sogar eher unangenehm, denn ihr Beruf hat leider wie bei vielen Menschen in der Branche auch für sie gesundheitliche Folgen. Die Beschreibung von diesen war für mich persönlich stark an der Schmerzensgrenze - aber trotzdem halte ich sie an dieser Stelle für passend. Seid aber gewarnt, dass ihr für dieses Buch starke Nerven braucht.

Eine zweite Person, die wir hier kennenlernen, ist Philip. Er glaub, dass mit ihm irgendwas nicht stimmt - denn eigentlich möchte er keinen Sex haben. Das war zu den Beschreibungen, auf die wir in Annas Kapiteln stoßen, doch ein eher krasser Kontrast - aber ich fand ihn auch gut. Ich hätte mir ehrlich gesagt sogar noch ein paar mehr Kapitel aus seiner Perspektive gewünscht. Asexualität ist in der Literatur so arg unterrepräsentiert! Es war eine Überraschung, hier ein Beispiel dafür zu finden, aber ich finde diesen Kontrast toll gelungen.

Mein Fazit? Ein gut gelungenes Buch. Es hat mich schockiert, aber ich habe es trotzdem gerne gelesen.